Donnerstag, 6. April 2017

Haarmann (Carlsen, Rezension)

"Warte, warte nur ein Weilchen,
bald kommt Haarmann auch zu Dir, 
mit dem kleinen Hackebeilchen
macht er Hackefleisch aus Dir."

Die älteren Leser werden diesen Reim noch kennen, er stammt aus der Zeit der Weimarer Republik und meint den Serienmörder Fritz Haarmann aus Hannover. Im dortigen Bahnhofsviertel tat er sich als Polizeispitzel hervor und alle sahen weg, wenn er von dort Obdachlose oder allein reisende junge Männer mit nach Hause nahm. Dort verging er sich an ihnen und biss ihnen im Rausch die Kehle durch, was nun kommt, ist noch schlimmer: danach zerteilte er die Leichen, verkaufte das Fleisch in der von Hunger geprägten Zeit und warf die Knochen in die Leine.

Nach dem Film "Der Totmacher" in der Hauptrolle mit einem großartigen Götz George aus dem Jahr 1995, erschien im Jahr 2010 die inzwischen mehrfach ausgezeichnete Graphic Novel Haarmann im Carlsen Verlag.


Verantwortlich für diesen Band waren Peer Meter (u.a. Gift) als Autor und Isabel Kreitz (u.a. Die Sache mit Sorge, Die Erfindung der Currywurst) als Zeichnerin. Peer Meter beschreibt die letzten Wochen von Fritz Haarmann bis zu seiner Verhaftung, mithin seine aktivste Zeit. Zusammen mit Isabel Kreitz, die die Szenerie ausserordentlich stimmungsvoll in Bleistiftzeichnungen eingefangen hat, ist eine gesellschaftskritische Graphic Novel entstanden, die ohne Blut, aber trotzdem mit einem Grusel bestens zu unterhalten weiss.

Auch wenn dieser Band kein neuer ist, hat er bis heute nichts von seinem Reiz verloren, auch das Thema ist zeitlos. Vor allem, wenn man die gesellschaftliche Seite betrachtet, die es überhaupt erst möglich gemacht hat ihn so lange gewähren zu lassen, obwohl es ausreichend Anzeigen und Hinweise gab.

Zeichnerisch hat Isabel Kreitz hier eine gewaltige Leistung abgeliefert, schon die Umsetzung von "Die Sache mit Sorge" war sehr gut, aber mit Haarmann hat sie sich noch einmal deutlich gesteigert. Mit jedem Panel sieht man ihre Detailverliebtheit und akribische Recherche, die sie übrigens gemeinsam mit Peer Meter hier beschreibt:




Die beiden gewannen unter anderem im Jahr 2011 den Sondermann-Preis für die Graphic Novel, seine Gedanken dazu hat Peer Meter der ARD seinerzeit mitgeteilt, auch sehr sehenswert:





Kurzes Fazit: wer Haarmann noch nicht kennt und Graphic Novels mag, der wird hier auf seine Kosten kommen. Eine uneingeschränkte Kaufempfehlung gibt es von mir auf jeden Fall.

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